Ausnahmsweise haben hier die Werbetexter nicht uebertrieben: Indien ist tatsaechlich unglaublich – unglaublich laut, unglaublich hektisch, unglaublich sehenswert, unglaublich dreckig, unglaublich schoen, unglaublich farbenfroh, unglaublich trist, unglaublich reich, unglaublich arm, unglaublich lecker, unglaublich zuvorkommend und unglaublich unverschaemt. Und das unglaublicherweise immer alles gleichzeitig. Indien ist ein Land der Extreme, selten findet man einen ausgewogenen Mittelweg. Jeder Moment des Lebens ist mit allen Sinnen spuerbar. Sobald man die Strasse betritt, hat man herzhafte Gerueche in der Nase, das Trommelfell wird mit lauter Musik und Geschrei massiert und die Augen wissen nicht, wo sie zuerst hinschauen sollen. Es ist ein Land, das in seiner Vielseitigkeit natuerlich auch voller Gegensaetze und Widersprueche steckt. Beispielsweise verhuellen sich die Frauen einerseits, um sich vor den Blicken der Maenner zu schuetzen, andererseits ziehen sie die Blicke durch ihre farbenfrohe Kleidung, ihren glitzernden und klimpernden Schmuck und ihre mit Henna kunstvoll verzierten Haende bewusst auf sich.
Kurz nach unserer Ankunft hat sich Indien in seiner extremen Dreckigkeit praesentiert. Nachdem es eine Nacht durchgeregnet hatte, quollen alle Gullis ueber und wir wollten nicht so genau wissen, woraus die zentimeterdicke braune Schlammschicht auf der Strasse besteht, die wir zum Bahnhof durchqueren mussten. Aber nur eine kurze Zugfahrt spaeter waren wir ueberwaeltigt von dem bezaubernden Anblick des Taj Mahal. Auch wenn man dieses Gebaeude schon unzaehlige Male auf Bildern gesehen hat, macht einen der Anblick dennoch sprachlos (selbst Sarah ). Trotz grauen Himmels hat das Taj Mahal gestrahlt und man wurde aus jedem Blickwinkel in neuerliches Staunen versetzt.
Nach Agra sind wir in die “pink city” Jaipur gefahren. Man haette sie allerdings ruhig auch “yellow, blue or green city” nennen koennen, denn die Farbe Pink haben wir nicht uebermaessig oft entdecken koennen. Jaipur ist eine typisch indische Metropole, durch zu schnelles Bevoelkerungswachstum platzt sie aus allen Naehten, die Strassen sind verstopft, es ist dreckig und laut. Aber aufgrund vieler schoener Sehenwuerdigkeiten zaehlt Jaipur zu den touristischen Hauptzielen. Uns hat besonders das astronomisches Observatorium “Jantar Mantar” fasziniert, das um 1730 von Maharaja Jai Sing II. errichtet wurde.Die astronomischen Messgeraete wurden megalomaner Groesse ausgefuehrt in dem Glauben, mit Steigerung der Groesse nehme auch die Praezision der Geraete zu. Auch wenn wir kein astronomisches Genie besitzen, fanden wir allein den Anblick dieser bizarren Instrumente, die mehr wie futuristische Architekturen wirken, aeusserst faszinierend.
Mit einer weiteren Architektur der besonderen Art konnte das oertliche Kino aufwarten – ein kitschiger, sahnehaubenartig geschwungener Traum in Tuerkis, Pink und Lila. Hier erwartete uns das Bollywood-Drama “My name is Khan”. Auch ohne englische Untertitel konnte man dem Film gut folgen, da die Inder die Angewohnheit haben, die Haelfte ihrer Saetze mit englischen Ausdruecken zu fuellen (“Are you serious…lskjdfsjfa…I cant believe it…skdfsdkfhs…Anyways…”) Und falls man einmal nicht versteht, worum es geht, kann man anhand der Reaktionen des Publikums, wie lautem Beifall, Ausrufen der Empoerung oder jauchzendem Gelaechter, die Zusammenhaenge erkennen.
Besondere Erwaehung sollte noch unser Besuch beim Guru finden. Auf zufaelligen Umwegen sind wir bei einem “mineral healer” gelandet – sowas passiert einem wohl nur Indien und gehoert vielleicht auch ein bisschen zu einem Indienbesuch dazu Anfangs waren wir ziemlich skeptisch. Aber nachdem er uns Details aus unserer Vergangenheit anhand von wundersamen Energieuebertragungen der Haende nennen konnte und uns damit auf derzeitige Blockaden in unseren Energiezentren, den Chakren, aufmerksam machen wollte, waren wir verbluefft. Denn tatsaechlich hat er bei Allem, was er gesagt hat, den Nagel auf den Kopf getroffen und wir mussten zugeben, dass dieser Mann offenbar wirklich besondere Faehigkeiten besitzt. Jedenfalls hat er uns den einen oder anderen Denkanstoss gegeben…
Nach dem hektischen Jaipur kam uns der Aufenthalt im entspannten Pushkar gerade Recht. Der Legende nach wurde am dortigen See eine Reinkarnation des Gottes Brahma gesehen. So wurde Pushkar zu einem wichtigen Pilgerort fuer Hinduisten mit einem der bedeutendsten Brahma-Tempel des Landes. Der Ort hat eine ganz eigene Anziehungskraft, die auf seiner entspannten und spirituell aufgeladenen Atmosphaere beruht. Fleisch und Alkohol sind in der Stadt verboten, der Konsum von Marihuana dagegen wird toleriert. Wen wundert es, dass bei der Kombination von Bhang-Lassis (Marihuana-Shakes), Meditationskursen und der gelassenen Atmosphaere, viele Neohippies und Aussteiger von Pushkar magisch angezogen werden und hier haengen bleiben.
An dieser Stelle bleiben auch wir einen Augenblick haengen und berichten spaeter von unseren weiteren Erlebnissen in Indien…
[Via http://ummerum.wordpress.com]